Über die Fähigkeit menschlicher Erkenntnis bei Thomas von Aquin anhand seiner Schrift Expositio super librum Boethii De trinitate

 

Peter Hoffmann
Johann Wolfgang Goethe Universität
Frankfurt am Main

 

Im folgenden Aufsatz ist die Frage nach den Fähigkeiten der menschlichen Erkenntnis in der Quaestio 1 des Boethius-Kommentars von Thomas von Aquin Untersuchungsgegenstand. In diesem wird die Möglichkeit, allein mit der menschlichen Vernunft Wahrheit sowie Gott erkennen zu können, erörtert. Die Quaestio 1 ist in vier Artikel mit folgenden Fragen untergliedert[1]:

1. Ob der menschliche Verstand für die Erkenntnis der Wahrheit neues göttliches Licht benötigt?

2. Ob er zur Erkenntnis Gottes gelangen kann?

3. Ob Gott das erste ist, was vom menschlichen Verstand erkannt wird?

4. Ob man zur Erkenntnis der göttlichen Trinität aus sich heraus gelangen kann?[2]

Der Kommentar zu der Schrift des Boethius De trinitate von Thomas von Aquin ist um 1255-1259, in der Zeit seiner Lehrtätigkeit in Paris entstanden[3]. Es handelt sich somit um eines seiner frühen Werke. In der Quaestio 1 der Expositio super librum Boethii De trinitate liegt keine Erkenntnistheorie als geschlossenes System vor. Die von Thomas hier praktizierte Methode der topischen Invention verhindert, bedingt durch ihren Aufbau, ganz allgemein die geschlossene systematische Entfaltung philosophischer Entwürfe. In den einzelnen Ausführungen des Aquinaten finden sich jedoch Argumente, die zusammengenommen das Gerüst der Erkenntnistheorie darstellen, das Thomas von Aquin seinem Werk zugrunde gelegt hat.

Die Bedeutung der Quaestio 1 für den weiteren Boethius-Kommentar liegt darin, daß hier die Bedingungen, auf denen die Aussagen der weiteren Kapitel fußen, erörtert werden, was insbesondere für die später diskutierte Theorie der Wissenschaften von grundsätzlicher Bedeutung ist. So wird schon hier die Unterscheidung zwischen Theologie und Philosophie eingeführt, und zwar durch die Feststellung, daß sich Theologie und Philosophie auf Bereiche jeweils verschiedener Erkenntnisweisen erstrecken. Diese sind durch ihren spezifischen Untersuchungsgegenstand definiert. Das geschieht in erster Linie durch die verschiedene Art und Weise der Erkenntnis in den spezifischen Bereichen von Theologie und Philosophie. Die Philosophie schöpft ihre Erkenntnisse und Lehren aus dem Bereich, der mit der natürlichen Vernunft erkennbar ist und den durch sie abgeleiteten Erkenntnissen; die Theologie hingegen bezieht ihr Wissen durch die besondere Erkenntnisform der göttlichen Offenbarung; sie bildet einen Erkenntnisgrund eigener Art, nicht gegen die Vernunft und die Dinge, die dem Menschen durch das „lumen naturale“ einsichtig sind, sondern außerhalb des Bereiches, der durch die natürliche Vernunft abgedeckt wird. Dieser Bereich kann durch die Vernunft nur über Grenzbegriffe erschlossen werden. Grenzbegriffe haben bei maximaler Extension nur minimale Intension, wie zum Beispiel der unbewegte Beweger[4].

Diese Grenzbegriffe weisen im Bereich des „lumen naturale“ die vernünftig rekonstruierbare Begrenztheit natürlicher Erkenntnis auf und weisen auf ein notwendig zu denkendes, aber nicht in seiner Wesenheit erkennbares „Darüberhinaus“ hin[5]. Diese sogenannten praeambula fidei sind selbst kein Bestandteil des Glaubens, sondern gleichsam Klammer und Trennlinie zwischen natürlichem Erkenntnisvermögen und geoffenbarten Glaubensinhalten. Die Klammerfunktion bezieht sich auf das Gebot der Widerspruchsfreiheit zwischen natürlich erkannten und geoffenbarten Sachverhalten; die Funktion der Trennlinie macht die unterschiedliche Quelle der Erkenntnis klar (lumen naturale sive lux increata); der Grenzbegriff gehört nämlich, zumindest von der Quelle der Erkenntnis her gesehen, zum Bereich des natürlich Erkennbaren.

Grundlegend für Thomas ist hierfür die Klärung der Frage: Wie und in welchem Umfang ist Erkenntnis von Wahrheit möglich?

Quaestio 1, Artikel 1

Zuerst greift Thomas die These auf, daß der menschliche Verstand für die Erkenntnis der Wahrheit neues göttliches Licht benötigt. Der menschliche Verstand ist nicht in der Lage, ohne göttliches Zutun die Wahrheit zu erkennen; er besitzt keine volle Einsicht in die Wahrheit und bedarf, ähnlich wie die Augen zum Sehen der körperlichen Dinge das Sonnenlicht benötigen, göttlichen Lichtes[6]. Die Sonne symbolisiert in dieser Analogie Gott, und so wie die Augen nur sehen, wenn die Sonne scheint, kann auch der menschliche Verstand nur denken, wenn Gott mit seinem „Vernunftlicht“ scheint.

Die entgegengesetzten Standpunkte führen an, daß der menschliche Verstand ohne neues göttliches Licht Wahrheit erkennen kann, da es nicht einleuchtet, daß man mit zusätzlichem Licht mehr erkennt, ohne daß man Gefahr läuft, daß dieses neue Licht wiederum neuen Lichtes bedarf, um die Wahrheit zu erkennen – et sic in infinitum[7]. Die Fähigkeiten, die der Mensch durch das „lumen intelligibile“ besitzt, stellen nicht das höchste Maß an Erkenntnisfähigkeiten überhaupt dar, welche die gesamte Wesenheit der Welt von ihrem Ursprung her durchleuchten können, doch sie sind das Maß, mit dem alle Dinge der natürlich wahrnehmbaren Welt von alleine, d.h. aus eigener Kraft und Fähigkeit, durch den menschlichen Verstand erkannt werden. Eine gesicherte Form von Erkenntnis bedeutet nicht, daß alles erkannt wird, sondern daß die Sachverhalte, die natürlicherweise erkannt werden, aus eigener Kraft verstehbar sind. Das „lumen intelligibile“ gewährt dem Menschen einen autonomen Erkenntniszugang; dieser ist jedoch auf die natürliche Wahrnehmung begrenzt. Voraussetzung für Erkenntnis überhaupt ist eine Angleichung der Sache selbst mit dem, was sich der Intellekt von der Sache vorstellt[8].

Das „lumen intelligibile“ ist dem menschlichen Verstand gemäß (connaturale), und das genügt zum Erkennen der Wahrheit. Analog dazu verhält sich das körperliche Licht zum Sehen der körperlichen Dinge, mit der Einschränkung, daß das Erkenntnisvermögen des „lumen intelligibile“ dem Verstand innewohnt.

Der intellectus agens und der intellectus possibilis sind beide eine Potenz, d.h. ein Vermögen der Seele. Der intellectus agens kann eigene Tätigkeiten und Operationen ausführen, wie zum Beispiel die Abstraktion oder das Erkennen von Wahrheit; er ist das aktive Denkvermögen.

Der intellectus agens erstreckt sich auf die Dinge, die natürlicherweise erkennbar und deduzierbar sind. Der intellectus possibilis bezeichnet das mögliche Verstehen, welches sich darauf bezieht, daß die Dinge im Bereich der natürlichen Wahrnehmung potentiell verstehbar sind. Der intellectus agens ist das Prinzip im Menschen, das daran arbeitet, daß das potentiell Verstehbare auch verstanden wird. Es wird hier zwischen Aufnehmen von Information und dem direkten Tätigwerden zur Verarbeitung der Informationen unterschieden. Dieses direkte Tätigwerden ist ein aktives Vermögen und vollzieht sich im Menschen als Fähigkeit seiner selbst.

Hierfür ist kein neues intelligibles Licht nötig. Es genügt das uns natürlich eingegebene Licht[9]. Es liegt somit weder ein impressionsartiges noch ein illuminatives Verstehen vor. Auf die Dinge des Glaubens erstreckt sich das natürliche Erkenntnisvermögen nicht; hierfür benötigt der Mensch neues göttliches Licht in Form von Offenbarung[10]. Dieses neue Licht stellt keine Konkurrenz zum Licht der Vernunft dar, das dem Menschen innewohnt, sondern es ist gleichsam bereichserweiternd zu verstehen. Hierbei geht es nicht um einen Bereich, der der Vernunft verschlossen ist, weil ihre intellektiven Fähigkeiten unzureichend sind und neuer Erleuchtung bedürfen, sondern es geht hierbei um einen Bereich, der jenseits der sinnlichen Erkenntnis verortet ist, und deshalb, um für den Menschen erfahrbar zu sein, neuen göttlichen Lichtes bedarf. Dieses Licht erleuchtet und erweitert nicht die Vernunft, die sich auf die Erkenntnis der natürlichen Dinge erstreckt, sondern es wird hier ein Bereich erschlossen, dessen Wesenheit nicht durch die sinnliche natürliche Erkenntnis, sowie der autoreflexiv vernünftigen erfaßt werden kann. Dies ist insofern legitim, als daß mit der Vernunft erkannt werden kann, daß die natürlich erkennbaren Dinge endlicher Natur sind und daß im Raum der endlichen Dinge keine Ursache ohne Grund, d.h. selbstursächlich gedacht werden kann. Daraus folgt die Erkenntnis: wenn für die endlichen Dinge eine Ursache vorhanden ist, die nicht im endlichen Bereich zu lokalisieren ist, darf sie nicht endlicher, sondern muß unendlicher Art sein.

Obwohl kein neues Licht für die Erkenntnis der Dinge benötigt wird, auf die sich die menschliche Vernunft natürlicherweise erstreckt, wird dennoch eine göttliche Tätigkeit benötigt, da alle Prinzipien der menschlichen Vernunft nicht in sich selbst begründet sind, sondern ihrerseits von den ersten Prinzipien herstammen[11]. Dies bedeutet keine göttliche Fremdbestimmung der natürlichen menschlichen Vernunft durch die Hintertür, sondern ist ein Verweis auf die logisch unmögliche Selbstursächlichkeit der natürlich wahrnehmbaren Dinge sowie auch der Prinzipien, denen sie folgen[12]. Durch das „lumen intelligibile“ besitzt der Mensch eine Fähigkeit, die nicht der der „lux divina“ entspricht, aber dieses ist das Maß an Licht, das der menschliche Verstand selbst besitzt und mit dem er in der natürlichen Welt alle Dinge von alleine, d.h. aus eigener Kraft erkennen kann. Dieser differenzierten Sichtweise folgend kann man feststellen, daß der menschliche Verstand für die Erkenntnis des Natürlichen angemessen ist, nicht aber selbstursächlich und gleichsam als Finalprinzip selbstbegründend ist. Dieses Argument engt auch ein, wie Gott, d.h. ein Schöpfer auf den menschlichen Erkenntnisprozeß einwirkt, nämlich nicht von außen, sondern gleichsam nur insofern er Schöpfer der menschlichen Fähigkeiten überhaupt ist. Er ist selbst ursächlich an höhere Prinzipien rückgebunden, deren „Washeit“ der Verstand nicht zu umfassen vermag. So ist der menschliche Verstand für die Wahrnehmung der natürlichen Dinge ausreichend, nicht aber für die des Glaubens[13]. Als Folge findet eine erkenntnistheoretische Bereichstrennung zwischen Theologie und Philosophie statt. Obwohl die Philosophie die Fähigkeit, Grenzbegriffe zu formulieren, besitzt, und sie somit zumindest auf ein Unendliches verweisen kann, können solche Begriffsbildungen der natürlichen Theologie nicht für sich in Anspruch nehmen, schon Glaube zu sein; auch solche praeambula fidei entspringen dem Bereich des natürlich Wahrnehmbaren. Das Wesen des Glaubens beruht auf einer freiwilligen Einwilligung in denselben. Er ist nicht unvernünftig, seinem Wesen aber widerspräche ein Beweis. Er verliert in einem solchen Fall seinen Status als Glauben[14].

Ursache hierfür ist die Schwächung des Intellektes durch die Anbindung an das Körperliche, daher kann er sich auch nur in seinen Erkenntnissen auf körperliche Dinge erstrecken. In der körperlichen Welt ist der Mensch als körperliches Wesen in seiner Erkenntnis von sinnlich wahrnehmbaren Eindrücken abhängig. Damit ist ihm ein direkter selbständiger Zugriff auf die Inhalte des Glaubens verwehrt. Im Status der Seligkeit ist der Mensch davon befreit. Die Fähigkeiten des Intellektes sind in dem einen Menschen stärker, im anderen schwächer ausgeprägt. Ursächlich ist das natürliche Licht von Gott hervorgebracht, da er der Schöpfer und Verursacher aller Dinge und Prinzipien ist. Der Intellekt kann nicht ohne die Tätigkeiten des ersten Grundes in seiner Tätigkeit voranschreiten, da auch er seinerseits von vorgeordneten Prinzipien abhängig ist, d.h. was als natürliche Vernunft bezeichnet wird, muß auch an Prinzipien höherer Art ursächlich rückgebunden sein, welche ihrer Art nach nicht mit den Fähigkeiten ihrer selbst erfaßbar und verstehbar sind – kein Zweitprinzip ohne Erstprinzip[15]. Obwohl das „lumen naturale“ von Gott verursacht ist, liegt keine Fremdbestimmung vor. Gott ist zwar konstitutiv dafür, daß der Mensch denken kann, nicht aber dafür, wie er denkt und entscheidet. Der Mensch ist im Gebrauch seiner Vernunft autonom, jedoch erkennt die Vernunft, daß sie nicht selbst die Dinge der verstehbaren Welt und sich selbst konstituiert, sondern nur rekonstruiert.

Quaestio 1, Artikel 2

Nachdem im Artikel 1 die grundsätzliche Frage nach der Fähigkeit des Menschen, Wahrheit erkennen zu können, bejaht wurde, befaßt sich der Artikel 2 mit der Frage, ob Gott als das für das Sosein der Welt konstitutive Prinzip durch den menschlichen Verstand erkannt werden kann. Das Wesen Gottes wird dabei als ein nicht endliches beschrieben; es muß ganz anderer Art sein, die in der Welt, auf die sich die natürliche Erkenntnis erstreckt, keine Entsprechung hat.

Das ganz andere, von allen Formen gelöste, kann von uns nicht erkannt werden, weil für uns das Formerkennen für die sinnliche Erkenntnis konstitutiv ist[16]. Das erkannte Objekt muß sich zu unserem Erkennen proportional verhalten, da sonst kein Erkennen Möglich ist[17]. Alles Erkannte muß einer Gattung zuzuordnen sein, Gott hat jedoch keine Gattung und ist daher unter systematischen Gesichtspunkten nicht erfaßbar[18]. Als grundsätzliche Voraussetzung für die Erkenntnis eines Gegenstandes hat seine Form zu gelten, die es dem Menschen ermöglicht, denselben überhaupt wahrzunehmen. Fehlt diese Wahrnehmbarkeit, so bleibt noch die Möglichkeit, Dinge über ihre Wirkung, die sie in anderen Dingen hinterlassen, zu erkennen.

Gott ist jedoch durch die sichtbaren Dinge der Welt als Ursache erkennbar[19]. Die erste Ursache kann jedoch nicht in der mit natürlichem Verstand erkennbaren Welt liegen, da sie selbstursächlich sein muß. Andernfalls droht ein regressus ad infinitum in der Ursachenkette.

Die menschliche Erkenntnis verläuft erstens über das Formerkennen und zweitens über die Form, die von einer Ursache her bewirkt wird. Die Wesenheit Gottes ist für den menschlichen Verstand nicht erkennbar, wohl aber ist Gott als Grund für die Effekte erkennbar, da sie für den Verstand sinnlich wahrnehmbar sind. Durch diese Effekte kann man bei Gleichheit der untersuchten Dinge, was ihre Zugehörigkeit zu der mit natürlichem Verstand erkennbaren Welt betrifft, auf die „Washeit“ des jeweiligen effektauslösenden Grundes schließen. Bei diesbezüglicher Ungleichheit kann lediglich auf den Umstand, daß es einen Grund gibt, geschlossen werden[20]. Auch wenn die Wesenheit Gottes nicht auf natürliche Art und Weise erkannt wird, bleibt doch Gott als notwendige Ursache erkennbar. Seine „Washeit“ kann nicht erkannt werden. Die „Washeit“ eines Dinges kann nur im Bereich der mit der natürlichen Vernunft erfaßbaren Gegenstände erschlossen werden. Menschlicher Intellekt und das Verstehbare gehören einer Gattung an, Gott ist ihr Prinzip[21]. Der so erkannte Gott ist nicht der Gott der Offenbarung, sondern ein Grenzbegriff. Der Gott der Offenbarung ist nicht nur extensional, sondern auch intensional bestimmt, dafür benötigt der Mensch in Ermangelung der sinnlichen Wahrnehmbarkeit Gottes seinem Wesen nach göttlichen Lichtes[22]. Dies ist der natürlichen Gotteserkenntnis deshalb verwehrt, weil in ihrem Erkenntnisbereich die Voraussetzung sinnlicher Wahrnehmung für die intensionale Bestimmung von Dingen notwendig ist. Der hier von Thomas erarbeitete Gottesbegriff, den der Verstand erkennen kann, bezieht seine Probabilität aus der Denknotwendigkeit desselben in bezug auf die Klärung der Herkunft von sinnvollem Erkennen, auf den Grund des menschlichen Denkens und auf die Notwendigkeit einer Ursache für diese Phänomene. Dieses Erkennen über die Kausalität ist ein Erkennen von dem „quia est“ und nicht dem „quid est“. Das „quia est“ kann auch alleine, ohne die Bestimmbarkeit des „quid est“, eine gesicherte Aussage darstellen, da das Phänomen einer Ursache für die Dinge des sinnlich wahrnehmbaren Bereichs eine ganz andere Wesenheit bedingt, nämlich eine, die selbst unbedingt ist; und eine solche existiert im Bereich der sinnlich wahrnehmbaren Welt nicht.

Quaestio 1, Artikel 3

Im zweiten Artikel hat Thomas dargelegt, daß der menschliche Verstand in einer vernünftigen Weise eine Vorstellung von Gott entwickeln kann. Diese erstreckt sich auf die Notwendigkeit eines ersten Grundes der Ursächlichkeit nach, nicht aber auf das Wesen desselben. Nun stellt sich die Frage, ob diese Vorstellung, genannt Gott, auch das erste ist, was der menschliche Verstand erkennt. Thomas leitet den Artikel 3 mit dem Argument ein, daß Gott das Prinzip aller Dinge ist und deshalb auch zuerst erkannt wird. Die ersten Gründe, die auf alle anderen Dinge wirken und die die ersten der verstehbaren Sachen sind, werden deshalb auch zuerst verstanden[23]. Das Einfachste ist auch das, was zuerst erkannt wird. Da Gott am Ende des menschlichen Wollens steht, ist er folglich auch das Ersterkannte. Da Gott von der Materie separat ist, ist er deshalb für den menschlichen Verstand am verstehbarsten[24]. Es folgen die Gegenpositionen:

Gott ist das, was am weitesten von unseren Sinnen entfernt ist. Die nachgeordneten Dinge sind für uns die Dinge, die wir zuerst erkennen; Gott ist aber das vorgeordnetste Ding, und daher uns zuletzt zugänglich[25]. Wäre Gott das Ersterkannte, befänden sich alle Menschen im Status der Glückseligkeit, was offensichtlich nicht zutrifft[26].

Auch der Verstand, wäre er das Zuerstverstandene, ist nicht das erste Prinzip, da er selbst sich aus dem ungeschaffenen Verstand als seinem Prinzip begründet. Auch das natürliche Licht ist in seinem Erkenntnisvermögen begrenzt.

Keiner versteht, daß er sich versteht, insofern er nicht irgend etwas Verstehbares versteht. Daraus ergibt sich, daß das Verstehen von Verstehbarem als Bedingung dem vorausgeht, durch das jemand versteht, daß er sich selbst versteht bzw. daß er Verstand hat. Bedingung der Möglichkeit für das „sich verstehen“ bzw. die Erkenntnis, daß man Verstand besitzt, ist die potentielle Verstehbarkeit der Dinge überhaupt. Die potentielle Verstehbarkeit der natürlich wahrnehmbaren Umgebung ist die Voraussetzung, damit der Verstand sich überhaupt verstehend begreifen kann[27]. Dies ist einer der zentralen Punkte in der Erkenntnistheorie des Aquinaten. Die Fähigkeit zur Erkenntnis, daß etwas erkannt wird, hängt von Bedingungen ab, die selbst nicht durch den erkennenden Verstand hervorgerufen, d.h. begründet werden. Vielmehr sind die in der Umwelt des Menschen durch die Sinne sowie durch den Intellekt wahrnehmbaren Dinge selbst von ihrer Wesenheit her von verstehbarer Art und Weise. Die Erkenntnis also, die dem Menschen in selbstreflexiver Wahrnehmung aufzeigt, daß er selbst intellektbegabt ist, käme nicht zustande, wenn die Dinge des Verstehens nicht in einer vernünftigen Art und Weise erkennbar wären. So wird auch klar, daß in der Reihe der zu verstehenden Dinge nicht das „lumen naturale“ und erst recht nicht die „lux divina“ an erster Stelle steht. Der Sachverhalt, welcher für das Erkennen von Dingen ursächlich ist, liegt in der Konstitution der Dinge, die dergestalt ist, daß sie durch den menschlichen Verstand erkannt werden können.

Das erste Prinzip überhaupt ist nicht das für uns nächste Prinzip. Durch unsere Sinne erkennen wir zuerst die nachgeordneten, danach erst die vorgeordneten Prinzipien. Das einfachste ist das erste in der Reihe der verstehbaren Prinzipien, aber nicht in der Reihe unseres Verstehens und Wahrnehmens[28]. In dieser Hinsicht ist es das letzte. Ontologisch betrachtet ist das einfache Prinzip das vorgeordnete. Das erste Prinzip ist deshalb das erste der erkennbaren Prinzipien, weil es alle nachgeordneten Prinzipien bestimmt[29]. Diese Erkenntnis läßt jedoch unberührt, daß die Ordnung des menschlichen Verstehens erst von den schon entfalteten, und so betrachtet komplexen Sinneseindrücken auf die ihnen vorgelagerten Prinzipien schließt. Daraus folgt, daß die ontologisch vorgeordneten Prinzipien nicht die sind, welche der Mensch zuerst erkennt[30]. Das Sein von Gott ist für Gott aus sich selbst heraus bekannt, nicht aber für uns, weil für uns die Wesenheit Gottes unbekannt ist. Wir erkennen nur aus den Prinzipien, die uns innewohnen (innata), daß es Gott gibt[31]. Was nichts anderes zu bedeuten hat, als daß der menschliche Verstand in der Lage ist, unter Verwendung der ihm eigenen Fähigkeiten, aus den Prinzipien, die seiner Verstandestätigkeit zugrunde liegen, zu schließen, daß ein dieses seinem eigenen Verstehen zugrundeliegendes Prinzip, genannt Gott, existieren muß, das für das Sosein der menschlichen Erkenntnis ursächlich ist und darüber hinaus noch unbedingt, d.h. selbstursächlich, gedacht werden muß; fehlte diese Unbedingtheit, wäre ein solches Prinzip nicht das erste und somit auch nicht Gott.

Quaestio 1, Artikel 4

Im Artikel 3 hat Thomas aufgezeigt, daß Gott als erstes Prinzip nicht dasjenige ist, welches der menschliche Verstand auch zuerst einsehen kann. Dies wird mit dem Modus des menschlichen Erkennens begründet, welcher die der Natur nach nachgeordneten Prinzipien eher erkennt als die vorgeordneten Prinzipien. Gott ist zwar das erste der erkennbaren Prinzipien, nicht aber das erste in der Reihe der menschlichen Wahrnehmung. Mit der These, daß Trinität dem Seienden als Seiendem im höchsten Maße zukommt[32], leitet Thomas die Erörterung ein. Dem stellt er die Aussage gegenüber, daß die Trinität ein Glaubenssatz ist und daher die natürliche Vernunft nicht ausreicht, sie zu erkennen[33]. Der Inhalt dieses Glaubenssatzes kann nicht aus den Effekten dieser Welt erschlossen werden[34]; dies wäre nämlich ein Rückschluß auf die „Washeit“ Gottes, die aber durch den natürlichen Verstand nicht erkennbar ist. Deshalb sind mit positivem Inhalt gefüllte Analogieschlüsse auf Gott nicht anwendbar[35]. Die bedingte Wesenheit der Dinge der endlichen Welt läßt einen Rückschluß auf die sie ursächlich bedingende unbedingte Wesenheit nicht zu, da das Phänomen einer unbedingten Wesenheit vom Standpunkt einer bedingten Wesenheit nur negativ, d.h. als eine nicht bedingte Wesenheit, zu erfassen ist.

Verstehen und Verstandenes ist für den Menschen durch ein Konzept realer Unterscheidbarkeit definiert[36]; dies ist aber auf Gott nicht zutreffend. Es kann für Gott nur eine sich negativ an den beschränkten menschlichen Vernunftsfähigkeiten orientierte Definition zutreffen. Das vom Aquinaten benutzte Wort „non discurrendo“ ist insbesondere im Gegensatz zum diskursiven Verstehen zu deuten, welches durch seine reale Verschiedenheit zwischen dem Objekt des Verstehens und dem es verstehenden Subjekt in der Erkenntnis der absoluten Wesenheit einer jeweiligen Sache gehindert ist[37]; in gleicher Weise ist das Wort „intuitus“ nicht als Aussage über eine Wesenseigenschaft Gottes, sondern illustrativ zu verstehen. Zwischen Objekt und Subjekt existiert für den menschlichen Verstand immer ein aufgespanntes Verhältnis. Da die menschliche Wahrnehmung immer aus Einzelwahrnehmung besteht, d.h. die Verarbeitung der menschlichen Wahrnehmung vollzieht sich immer schrittweise an den jeweilig wahrgenommenen Dingen. Dieses aufgespannte Verhältnis zwischen Verstand und Verstandenem ermöglicht es auch, daß sich die menschliche Vernunft, im Gegensatz zu der nicht diskursiven Verstehensweise Gottes, in einzelnen Sachverhalten auskennen kann, ohne gleichzeitig auch andere, ihr unbekannte zu durchblicken[38]. Die Art und Weise, in der Gott in seiner Unbegrenztheit die Dinge versteht, läßt sich darüber hinaus jedoch als qualitativ mindestens auch das diskursive Verstehen beinhaltend beschreiben, da er dieser Verstehensweise als erstes Prinzip vorgeordnet sein muß. Die Erkenntnisse einzelner Wissensbereiche verhalten sich zueinander autonom; sie sind jedoch nicht völlig voneinander unabhängig, da diese Wissensbereiche durch oberste Prinzipien verbunden sind. In ihren Sekundärprinzipien sind sie autonom. Diese leiten sich nämlich aus den jeweils zu untersuchenden Gegenständen im besonderen ab. Das Erkennen der Trinität Gottes gehört nach Thomas in den Bereich der Offenbarungstheologie[39]; das Erkennen, daß es einen Gott gibt, ist ihm zufolge im Bereich der natürlichen Wahrnehmung zu verorten. Diese beiden Bereiche unterscheiden sich auf zweierlei Weise. Zum einen sind sie durch die Art und Weise der Wahrnehmung geschieden, Offenbarung auf der einen Seite, sinnliche Wahrnehmung auf der anderen. Zum anderen sind sie durch den Gegenstand, den sie zum Ausgangspunkt ihrer Untersuchung machen, getrennt, nämlich im einen Fall Gott in seiner geoffenbarten Wesenheit, im anderen Gott als das unbedingte erste Prinzip bedingter, sinnlich wahrnehmbarer Dinge. Die zuerst genannte Unterscheidung betrifft im besonderen die Distinktion von Theologie als Glaubenswissenschaft, der die Grundlagen ihrer Erkenntnisse in Form von Offenbarung zugänglich sind, und von Philosophie, die ihre Erkenntnisse aus dem Bereich der natürlichen Wahrnehmung gewinnt, in zwei verschiedene Bereiche. Bei der zweiten Unterscheidung wird nicht in die Art und Weise der Wahrnehmung, sondern nach dem Gegenstand der Untersuchung geschieden. Dieses allgemeinere Unterscheidungskriterium kann auch zur Abtrennung anderer Bereiche, ihrem jeweiligen Untersuchungsgegenstand gemäß, angewandt werden. Das diese Bereiche verbindende Element ist die Vernunft, aus der diese Ordnungsprinzipien abgeleitet werden. Sie stellt gleichsam die Mindestbestimmung dar, hinter die die in den einzelnen Bereichen Praktizierte Wissenschaft nicht zurückfallen darf.

Abschließend kann festgestellt werden, daß bei Thomas von Aquin der menschliche Verstand aus eigenem Vermögen Wahrheit erkennen kann. Diese Fähigkeit versetzt ihn in die Lage, selbständig die Begrenztheit seiner wahrnehmbaren Umwelt, sowie seiner eigenen Fähigkeiten zu erkennen. Der menschliche Verstand findet kein Prinzip innerhalb der sinnlich wahrnehmbaren Umwelt, welches selbst unbedingt ist. Die Fähigkeit der menschlichen Vernunft, über das bedingte Endliche hinaus Unbedingtes zu denken, nämlich auf dem Weg der Negation, führt zur Bildung eines Gottesbegriffs, welcher selbst unbedingt die Bedingung für die sinnlich wahrnehmbare Welt ist. Ein solcher Begriff ist dem menschlichen Verstand ohne Offenbarung zugänglich, steht jedoch nicht am Anfang der menschlichen Erkenntnis, sondern stellt ein gleichsam letztes notwendiges Prinzip dar, welches von der Vernunft erkannt wird. Zum Bereich des Glaubens gehört ein solcher Gottesbegriff nicht, weil er durch Demonstration bewiesen wird und dies dem Wesen des auf freier Einwilligung zustandekommenden Glaubens widerspricht. Das Wesen des Glaubens entstammt der Offenbarung. Dem Glauben, der nach Thomas der Wesenhaftigkeit der menschlichen Vernunft nicht widersprechen kann und im Rahmen der Offenbarung eine vernünftige Lehre darstellt, wird somit ein eigener Bereich zugewiesen. Nicht die Vernunft, welche in den beiden Bereichen dieselbe ist, sondern der Gegenstand der Untersuchung sowie der Modus der Wahrnehmung (Offenbarung oder sinnliche Wahrnehmung) bestimmen die Einteilung in verschiedene Bereiche.



[1] Die angegebenen Fußnoten weisen die paraphrasierten Stellen im Orginaltext nach. Das zum Teil diachrone Vorgehen im Text ist mit der Anordnung der Argumente durch den Autor begründet.

[2] Thomas von Aquin, Expositio super librum Boethii de trinitate, ed. Bruno Decker (Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters, Bd. IV), Leiden, 1955, q. 1, art. 1: „Primo. Utrum mens humana in cognitione veritatis nova illustratione divinae lucis indigeat. Secundo. Utrum possit ad dei notitiam pervenire. Tertio. Utrum deus sit primum quod a mente cognoscitur. Quarto. Utrum ad divinae trinitatis cognitionem pervenire per se sufficiat.“

[3] Bruno Decker in seinem Vorwort zur Ausgabe des Kommentars von Thomas: „Auctor ergo noster expositionem, cuius textum restituturi summus, inter annos 1255 et 1259, quando primum Parisiis commorabatur.“ Expositio, S. 44.

[4] Vgl. S. th. I, q. 2, art. 3, insbesondere: „ergo necesse est devenire ad aliquod primum movens, quod a nullo movetur: et hoc omnes intelligunt Deum.“

[5] Vgl. Gangolf Schrimpf, Die Frage nach der Wirklichkeit des Göttlichen (Fuldaer Hochschulschriften, Bd. 35), Frankfurt am Main, 2000, S. 67.

[6] Expositio 1, 1: „[...] sicut se habet oculus corporalis ad corpora intuenda, ita se habet intellectus ad intelligibilem veritatem conspiciendam, ut patet in III De anima, Sed oculus corporalis non potest videre corpora nisi illustratione solis materialis superveniente. Ergo nec intellectus humanus potest veritatem inspicere, nisi lumine solis invisibilis, qui est deus, illustretur.“

[7] Expositio 1, 1: „Si ergo hoc lumen, quia creatum est, non sufficit ad veritatem conspiciendam, sed requirit novam illustrationem, pari ratione lumen superadditum non sufficiet, sed indigebit alio lumine, et sic in infinitum, quod numquam compleri potest, et sic impossibile erit cognoscere aliquam veritatem. Ergo oportet stare in primo luce, ut scilicet mens lumine naturali sine aliquo superadditio possit veritatem videre.“

[8] Expositio 5, 3: „1. Cum enim veritas consistat in adaequatione rei ad intellectum [...].“

[9] Expositio 1, 1: „Sed quia verba Philosophi in III De anima magis videntur sonare quod intellectus agens sit potentia animae et huic etiam auctoritas sacrae scripturae consonat, quae lumine intelligibile nos insignitos profitetur, cui Philosophus comparat intellectum agentem, ideo in anima ponitur respectu intelligibilis oprationis, quae est cognitio veritatis, et potentia passiva et potentia activa. Unde sicut aliae potentiae activae naturales suis passivis coniunctae sufficiunt ad naturales operationes, ita etiam anima habens in se potentiam activam et passivam sufficit ad perceptionem veritatis.“

[10] Expositio 1, 1: „Quaedam vero sunt ad quae praedicta principia non se extendunt, sicut sunt ea quae sunt fidei, facultatem rationis excedentia, et futura contingentia et alia huiusmodi.“

[11] Expositio 1,1: „Et ideo etiam lumen naturale in anima semper deus causat, non aliud et aliud, sed idem; non enim est causa fieri eius solum, sed etiam esse illius. In hoc ergo continue deus operatur in mente, quod in ipsa lumen naturale causat, et ipsum dirigit, et sic mens non sine operatione causae primae in operatinem suam procedit.“

[12] Expositio 1, 3: „Nec hoc lumen habet aliquam efficaciam nisi ex prima luce; sicut in demonstrationibus secunda principia non certificant nisi ex virtute primorum.“

[13] Expositio 1, 1: „Et similiter intellectus non potest sine divino motu veritatem cognoscere, potest autem sine novi luminis infusione, quamvis non ea quae naturalem cognitionem excedunt.“

[14] Expositio 2, 1: „Quamvis enim ea quae sunt fidei demonstrari non possint, non tamen possunt demonstrative improbari. Si autem talis ratio ad probanda ea quae sunt fidei induceretur, evacueretur meritum fidei, quia iam assentire his non esset voluntarium, sed necessarium.“

[15] Vgl. Fußnoten 12.

[16] Expositio 1, 2: „Praeterea, omne quod cognoscitur per aliquam formam cognoscitur.“

[17] Expositio 1, 2: „Praeterea, cognoscentis et cognoscibilis oportet esse aliquam proportionem, sicut et potentiae cuiuslibet ad suum obiectum. Sed inter intellectum nostrum et deum nulla potest esse proportio, sicut nec inter finitum et infinitum.“

[18] Expositio 1, 2: „Sed deus est extra omne genus.“

[19] Expositio 1, 2: „Sed contra est quod dicitur Rom 1, 20 ‚Invisibilia dei’ etc.“

[20] Expositio 1, 2: „Effectus autem est duplex: quidam, qui adaequatur virtuti suae causae, et per talem effectum cognoscitur plenarie virtus causae, et per consequens quiditas ipsius; alius effectus est, qui deficit a praedicta aequalitate, et per talem effectum non potest comprehendi virtus agentis et per consequens nec essentia eius; sed cognoscitur tantum de causa quod est. Et sic se habet cognitio effectus ut principium ad cognoscendum de causa an est, sicut se habet quiditas ipsius causae, cum per formam cognoscitur. Hoc autem modo se habet ad deum. Et ideo non possumus in statu viae pertingere ad cognoscendum de ipso nisi quia est.“

[21] Expositio 1, 2: „Ad quartum dicendum quod intellectus et intelligibile sunt unius generis, sicut potentia et actus. Deus autem, quamvis non sit in genere intelligibilium, quasi sub genere comprehensum, utpote generis participans, pertinet tamen ad hoc genus ut principium.“

[22] Expositio 1, 2: „Sed quia ad eius essentiam videndam penetrare non sufficit, dicitur in se ipsam quodammodo ab excellenti lumine reflecti, et hoc est quod dicitur Gen 32, 20 super illud: ‚Vidi dominum facie ad faciem’.“

[23] Expositio 1, 3: „Illud enim, in quo omnia alia cognoscuntur et per quod de omnibus quae cognoscimus iudicamus, est primo cognitum a nobis, sicut lux est primo nota quam ea, quae per lucem videntur, et principia intellectui prius quam conclusiones.“

[24] Expositio 1, 3: „Sed res sensibiles indigent quod abstrahuntur a materia per intellectus agentem, antequam intelligantur ab intellectu possibili. Deus autem per se ipsum est maxime a materia separatus. Ergo ipse prius intelligitur ab intellectu possibile quam res sensibiles.“

[25] Expositio 1, 3: „Praeterea, secundum Philosophum ea quae sunt posteriora secundum naturam, sunt priora quoad nos, et minus nota secundum naturam sunt magis nota quoad nos. Sed creaturae sunt posteriores et minus notae secundum naturam quam ipse deus. Ergo deus est posterius notus quoad nos.“

[26] Expositio 1, 3: „Sed hoc apparet esse falsum, quia cognoscere deum per essentiam est hominis beatitudo, unde sequeretur omnem hominem beatum esse.“

[27] Expositio 1, 3: „Nullus autem intelligit se intelligere, nisi in quantum intelligit aliquod intelligibile. Ex quo patet quod cognitio alicuius intelligibilis praecedit cognitionem qua aliquis cognoscit se intelligere et per consequens cognotionem qua aliquis cognoscit se habere intellectum, et sic influentia lucis intelligibilis non potest esse primum cognitum a nobis, et multo minus quaelibet alia influentia lucis.“

[28] Expositio 1, 3: „Ad quartum dicendum quod quamvis deus sit ultimus finis in consecutione et primus in intentione appetitus naturalis, non tamen oportet quod sit primus in cognitone mentis humanae quae ordinatur in finem, sed in cognitione ordinantis, sicut et in aliis quae naturali appetitu tendunt in finem suum.“

[29] Expositio 1, 3: „Ad secundum dicendum quod non omnium causarum ordinatarum est influentia unius rationis in ultimum effectum. Unde oportet quod primum intelligibile hoc modo influat intellectum nostrum quod intelligatur, sed quod praestet intelligendi virtutem. Vel dicendum quod quamvis deus sit in ordine intelligibilium primum simpliciter, non tamen est primum in ordine intelligibilium nobis.“

[30] Expositio 1, 3: „2. Praeterea, secundum Philosophum ea, quae sunt posteriora secundum naturam sunt priora quoad nos, et minus nota secundum naturam sunt magis nota quoad nos. Sed creaturae sunt posteriores et minus notae secundum naturam quam ipse deus. Ergo deus est posterius notus quoad nos.“

[31] Expositio 1, 3: „Sed tamen eius cognitio nobis innata esse dicitur, in quantum per principia nobis innata de facili percipere possumus deum esse.“

[32] Expositio 1, 4: „Sed trinitas convenit enti inquantum ens [...].“

[33] Expositio 1, 4: „Sed deum esse trinum et unum est articulus fidei. Ergo ad hoc videndum ratio non sufficit.“

[34] Expositio 1, 4: „Praeterea, omnis ratio naturalis ex primis principiis naturaliter cognitis efficaciam habet. Sed deum trinum et unum non potest deduci ex principiis naturaliter cognitis, quae a sensu accipiuntur, cum in sensibilibus nihil simile inveniatur, ut sint tria supposita unius essentiae.“

[35] Expositio 1,4: „Et ideo quamvis in quolibet ente creato inveniatur aliqua trinitas, ex hoc tamen non potest necessario concludi quod in deo sint aliqua tria nisi secundum rationem, et haec pluralitas non sufficit ad personarum distinctionem.“

[36] Expositio 1, 4: „Ad sextum dicendum, quod in deo idem est intelligens et intellectum, et ideo non oportet quod ex hoc quod intelligit ponatur in ipso aliquid conceptum realiter distinctum ab ipso, sicut est in nobis.“

[37] Expositio 2, 2: „Et sicut ex hoc, quod cognoscit se, cognoscit alia modo suo, id est simplici intuitu, non discurrendo, ita nos ex his, quae per fidem capimus primae veritati adhaerendo, venimus in cognitionem aliorum secundum modum nostrum discurrendo de principiis ad conclusiones, ut sic ipsa, quae fide tenemus, sint nobis quasi principia in hac scientia et alia sint quasi conclusiones.“

[38] Expositio 1, 4: „Ad decimum dicendum quod omnia quae in deo sunt, sunt una eius simplex essentia, sed ea, quae in ipso sunt unum, in intellectu nostro sunt multa, et propter hoc interlectus noster potest apprehendere unum istorum sine altero.“

[39] Vgl. Fußnote 33.